70. Mitgliederversammlung der LEV

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Die Mitgliederversammlungen sind immer so organisiert, dass am ersten Tag eine Auftaktveranstaltung stattfindet, in der normalerweise der Bayerische Staatsminister für Unterricht und Kultus zu aktuellen schulpolitischen Entwicklungen spricht und sich anschließend den Fragen der Eltern stellt. Zum großen Ärger der Vorsitzenden der LEV Susanne Arndt sagte der Minister seinen Auftritt kurzfristig ab. Frau Arndt wertete dies als offenen Ausdruck der Geringschätzung der Arbeit der Elternvertreter. In diesem Zusammenhang verwies sie im Laufe der Veranstaltung auf folgende Neuregelungen, die ihrer Auffassung nach die Rechte der Elternbeiräte zunehmend einschränken:

Der Elternbeirat darf keine eigene Webseite mehr betreiben. Sie darf nur noch der Schulhomepage eingegliedert sein, so dass folglich der Schulleiter die Verantwortung für die Inhalte trägt und diese dementsprechend „filtert“. Dies ist kein Problem, solange die Kommunikation zwischen dem Elternbeirat und der Schulleitung so gut funktioniert, wie an unserer Schule. Das ist aber durchaus nicht an allen Schulen der Fall.

Ebenfalls als unhaltbar beschrieb sie die aktuellen Regelungen zur Führung von Elternbeiratskonten, die in den Landkreisen sehr unterschiedlich gehandhabt werden. Im schlimmsten Fall kann der Sachaufwandsträger von seinem Recht Gebrauch machen, die Gelder des EB einzuziehen (so geschehen in Regensburg). Eine entsprechende Forderung nach Rechtssicherheit wurde in den Leitantrag der Versammlung aufgenommen.

Ein weiterer Kritikpunkt des LEV-Vorstandes war die Tatsache, dass die Pläne für die Oberstufe des neuen G9 zwar bereits fertig vorliegen, jedoch – angeblich – noch nicht vom Kabinett gebilligt sind und folglich noch nicht zur Einsicht vorliegen. Ein Problem stellt das aus Sicht der Vorsitzenden deshalb dar, weil ab Juli die „Überholspur“ beworben werden muss, damit die Schüler entsprechende Entscheidungen diesbezüglich treffen können.

Scharf kritisiert wurde außerdem der schleppende – flächendeckende – Ausbau einer geeigneten Infrastruktur für die Umsetzung der Digitalisierung. Zu diesem Zeitpunkt ahnte noch niemand, wie bald wir diese dringend brauchen würden. Entsprechende Forderungen wurden ebenfalls in den Leitantrag aufgenommen, der am zweiten Tag einstimmig angenommen wurde.

Alternativ zum Bayerischen Staatsminister Professor Dr. Michael Piazolo, sprach die Bayerische Staatssekretärin für Unterricht und Kultus Anna Stolz. Ihre Rede blieb aber eher blass. Leider war sie auch nicht bereit, kritische Fragen der Eltern zu beantworten.

Inhaltlich etwas gehaltvoller war der Festvortrag von Anette Kreim vom Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, Leitung Abteilung Gymnasium, die sich kurzfristig bereit erklärt hatte, zum neuen neunjährigen Gymnasium zu sprechen. Aber auch ihre Ausführungen ließen interessante Details zur praktischen Umsetzung letztendlich vermissen und brachten nicht viel Neues.

In der zweiten Tageshälfte wurden verschiedene Informationsrunden angeboten, bei welchen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für zwei entscheiden konnten, wobei folgende Angebote zur Auswahl standen:

1. Schulentwicklungskonzept
2. Umweltbildung an bayerischen Schulen
3. Inklusion am bayerischen Gymnasium
4. Demokratie und Toleranz am bayerischen Gymnasium
5. Modus 21 – Maßnahmen
6. Mobbing und Mobbingprävention
7. Elternrechte – Elternpflichten
8. Best Practise Berufsinformation für Eltern in der ARGE Augsburg

Ich habe die Informationsrunden 4 (Demokratie und Toleranz) und 6 (Mobbing) besucht.

Erstere war eher in Form eines interaktiven Workshops angelegt, bei dem es folglich weniger um Fakten als vielmehr um bestimmte Einsichten ging. Er zielte auf den alltäglichen Sprachgebrauch unserer Kinder und sensibilisierte für die darin latent enthaltene Intoleranz bzw. Diskriminierung. Der Workshop war tatsächlich sehr eindrucksvoll und wäre m.E. in dieser Form auch als Lehrerfortbildung sinnvoll.

Ebenfalls eine gute Entscheidung war die Teilnahme an der Informationsrunde Mobbing und Mobbingprävention . Aus dieser Veranstaltung könnte sich tatsächlich ein gewisser Handlungsbedarf von unserer Seite ergeben:

Die Referentin verwies eingangs auf eine Umfrage der LEV vom Oktober 2019, in der es um ein Meinungsbild zu den Themen Mobbing, Drogen-Prävention und Medienkompetenz in den Schulen ging (einsehbar auf der LEV-Homepage).

Bei dem Thema Mobbingprävention kannten 37% der Teilnehmenden ein Konzept, 50% wussten nicht, ob es an der Schule ein Konzept gibt (ich fürchte, wir hätten zu den 50% gehört). Ich habe aus dieser Veranstaltung vor allem mitgenommen, dass es

1. Mobbing – in welcher Form auch immer – an jeder Schule gibt, dass man sich
2. ein Konzept überlegen muss, bevor es zu massiven Problemen kommt, und dass
3. über dieses Konzept jeder – Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern – informiert sein muss.

Die Referentin stellte uns ein sehr praktisches – und vor allem mehrfach erprobtes – Tool vor, mit dem sich Mobbingvorfälle effektiv und nachhaltig bearbeiten lassen. Interessant war der Ansatz, dass dabei ohne Bestrafung gearbeitet wird und dass das Problem innerhalb der Peer-Gruppe (natürlich mit professioneller Begleitung von außen) gelöst werden muss. Sie konnte aus psychologischer Sicht sehr gut nachvollziehbar darstellen, dass es in den allermeisten Fällen für die „Täter“ eine große Erleichterung sei, die Chance zu haben, die Täterrolle aufgeben zu können. Denn auch für diese „gelernten Täter“ seien die psychischen (Spät- bzw. Langzeit-) Folgen „verheerend“!

In der Veranstaltung verwies die Referentin auf folgende Webseiten:

www.no-blame-approach.de
www.no-blame-approach.de

Meiner Meinung nach wären entsprechende Veranstaltungen sinnvoll in den dafür vorgesehenen Sozialkompetenz-Trainings.

Am Abend fand noch eine sehr interessante Podiumsdiskussion mit dem „deutschen Gesicht“ von Fridays for Future, Jakob Blasel (Abitur 2019) und der Staatsministerin für Digitalisierung (Ja, die gibt es wirklich!) Dorothee Bär, MdB zum Thema „Politik der Millenials – Wie Fridays for Future digital Politik macht“ statt. Moderiert wurde die Diskussion von Martin Schwarzkopf vom Main-Echo.

Podiumsdiskussion mit Jakob Blasel (Abitur 2019), der Staatsministerin für Digitalisierung, Dorothee Bär, MdB und Martin Schwarzkopf vom Main-Echo (v.l.n.r.).

Der zweite Tag der MV stand ganz im Zeichen der Anträge, über die im Einzelnen abgestimmt wurde. Um das Abstimmungsverfahren abzukürzen, wurden jeweils nur zwei Pro- und zwei Kontraargumente zugelassen.

Abgelehnt wurden nur vier der insgesamt 26 Anträge:
– Der Antrag, ein bayernweit einheitliches verbindliches und praktikables Verfahren zum Einzug der LEV-Mitgliedsbeiträge zu schaffen
– Der Antrag, eine Dokumentationspflicht für den behandelten Lehrstoff des Schuljahres einzuführen
– Der Antrag, zur Verbesserung der Rechtschreib- und Grammatikfähigkeiten der Schüler in Deutsch zu Beginn eines jeden Schuljahres bestimmte Themen im Block zu unterrichten
– !Der Antrag, die jetzigen Regelungen zur privaten Handynutzung an Schulen (Absatz (5) Art. 56 Rechte und Pflichten unter Abschnitt VII des BayEUG ) grundsätzlich beizubehalten

Vier Anträge wurden zurückgezogen:
– Der Antrag, ein kostenfreies Busticket bei freier Schulwahl für jeden Schüler zur Verfügung zu stellen (Begründung: Ein weiterführender Antrag ist im Leitantrag enthalten.)
– Der Antrag, gesetzliche Rahmenbedingungen für die Kostenübernahme der Schulhomepage durch den Sachaufwandsträger oder eine andere Stelle zu schaffen (Begründung: Das ist bereits gängige Praxis.)
– Der Antrag, dass Schüler nicht verpflichtet sein dürfen, WhatsApp oder andere soziale Netzwerke zu nutzen, um Mitteilungen von Lehrkräften zu empfangen oder in anderer Weise zu kommunizieren (Begründung: Einen entsprechenden Gesetzestext gibt es bereits. Er wird von der LEV aufgesucht und den Eltern zugänglich gemacht.)
– Der Antrag, das Magazin „Schule & wir“ im PDF-Format zu verbreiten (Begründung: Das ist bereits gängige Praxis.)

Zwei Anträge wurden in den Leitantrag eingearbeitet:
– Die Forderung nach einer kostenlosen Nutzung des ÖPNV für alle Schüler (eine Forderung äbrigens, die die LEV schon seit vielen Jahren gegenäber der Politik vertritt!)
– Die Forderung nach einer zentralen Zuteilung der Lehrerreserve durch das Kultusministerium

Nach Abschluss der Antragsabstimmung wurde die Mitgliederversammlung gegen 15.00 Uhr beendet.